In Deutschland lebt ca. ein Drittel der Bevölkerung in Städten. Angesichts der zunehmenden Versiegelung, urbanen Hitzeinseln und hohen Emissionsbelastungen sind Städte besonders von Hitzestress im Klimawandel betroffen. Daher braucht es Anpassungsmaßnahmen, die das innerstädtische Kleinklima, die Luftqualität und die Lebensbedingungen der städtischen Bevölkerung nachhaltig verbessern. Einen wichtigen Beitrag, um den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken, leisten Stadtgrün und insbesondere Stadtbäume. Sie mindern die städtische Hitze im Sommer, spenden Schatten und halten unsere Luft rein.
Um diese Leistungen unserer städtischen Bäume auch in Zukunft erhalten zu können, stellen sich einige entscheidende Fragen: Welche Baumarten reagieren besonders empfindlich auf die Folgen von Luftverschmutzung und Klimawandel wie z. B. Hitze und Trockenheit? Welche Baumarten sind besonders widerstandsfähig und somit geeignet, um auch zukünftig die Folgen des Klimawandels in Städten abzumildern? Ein Blick ins Innere der Stadtbäume hilft diese Fragen zu klären. Durch die Entnahme von Bohrkernen wurden in diesem Teilprojekt dendrochronologische und isotopenbasierte Ansätze durchgeführt. So konnten Rückschlüsse auf die Eignung verschiedener Baumarten im städtischen Umfeld gezogen werden. Durch die Dendrochronologie, also die Jahresringforschung, wurden Resistenz, Erholungsfähigkeit und Resilienz ausgewählter Karlsruher Baumarten bestimmt, wodurch sich u.a. auf die Toleranz der Baumarten gegenüber Dürre schließen lässt. Der Einfluss von Hitzestress und Trockenheit auf die Baumphysiologie wurde auch durch die Isotopenanalyse bestimmt. Zusätzlich lieferte die Isotopenanalyse Hinweise auf Luftverschmutzungen in Karlsruhe.
Für die Untersuchungen wurden zunächst Bohrkerne mithilfe eines speziellen Bohrers manuell entnommen. Die Bohrkerne sind etwa bleistiftdick und liefern einen Querschnitt des Baumes bis zum Baummittelpunkt. Dadurch kann man die Jahresringe sehen, der Baum selbst kann jedoch weiterleben. Neben dem Alter des Baumes (Jahresringanzahl), gibt die Breite der Ringe Aufschluss über das jährliche Baumwachstum. Je breiter der Ring, desto günstiger waren die Umweltbedingungen und umgekehrt. Extreme Wetterereignisse, wie Trockenheit und Hitze sowie Umweltbelastungen, wie Abgase oder Feinstaub, können Störungen im Wachstum hervorrufen und mithilfe von Wetter- und Klimaaufzeichnungen zusätzlich analysiert werden. So kann zum Beispiel herausgefunden werden, wie gut sich ein individueller Baum von einem Trockenjahr (2003, 2008, 2011, 2015) erholt hat, also wie widerstandsfähig er ist und wie sich diese Fähigkeit bei verschiedenen Baumarten unterscheidet. Jahr für Jahr archiviert ein Baum zudem eine Art isotopischen Fingerabdruck in den Jahresringen. Darin ist beispielsweise das Verhältnis von stabilen Isotopen abgespeichert. Das Isotopenverhältnis ist abhängig von Umweltbedingungen, sodass Rückschlüsse auf damalige Umwelteinflüsse möglich sind.
Die Untersuchungen des Bauminneren ergaben, dass vor allem die Wasserverfügbarkeit im Frühjahr einen entscheidenden Einfluss auf das Stammdickenwachstum und die Reaktion der städtischen Bäume auf Trockenheit hat. Höhere Niederschläge gehen nachweislich mit einem höheren Stammdickenwachstum einher. So erwies sich insbesondere der Niederschlag im Mai – für Spitzahorn, Hainbuche, Stieleiche und Winterlinde – als der wichtigste Einflussfaktor. Die Abhängigkeit des Stammdickenwachstums von einer ausreichenden Wasserverfügbarkeit im Frühjahr, zeigt sich auch in der geringen Resistenz aller Baumarten (außer der Platane) im Trockenjahr 2011 im Vergleich zum Trockenjahr 2003. Denn im Jahr 2011 trat die stärkste Trockenheit im Frühjahr auf und 2003 erst später im Sommer. Die Trockenheitsjahre (2003, 2011 und 2015) sind in der Abbildung hellrot markiert.
Bei Trockenheit bewährt: Ahornblättrige Platane und Stieleiche
Basierend auf unseren Ergebnissen erweisen sich besonders Platane und Stieleiche als geeignet für urbane Räume mit regelmäßig auftretenden Trockenperioden. Deutlich wurde dies insbesondere im Jahr 2011, als der Niederschlag im Frühjahr sehr gering ausfiel. Außer der Ahornblättrigen Platane zeigte keine Baumart eine ausreichende Resistenz gegenüber Trockenheit und Hitze. Im Jahr 2015 erwiesen sich Stieleiche und Ahornblättrige Platane als resistenteste Baumarten gegenüber andauernder Trockenheit.
Zudem zeigte die Analyse der Isotopensignaturen von Kohlenstoff und Sauerstoff eine physiologische Anpassung an die Trockenheit bei Spitzahorn und Platane in den Jahren 2003 und 2015. Im Jahr 2011 wurden bei Spitzahorn und Winterlinde eine erhöhte Wassernutzungseffizienz als Anpassung an die Trockenheit festgestellt. Platane und Stieleiche wiesen im selben Jahr keine erhöhten Werte auf, sodass hier von vergleichsweise geringem Trockenstress ausgegangen werden kann.
Die Standorteigenschaften zeigten hingegen nur einen geringen Effekt auf die Resistenz und Resilienz der untersuchten Baumarten. So konnte ein Einfluss der Distanz zu Straßen sowie der Höhe der Verkehrsemissionen nicht bestätigt werden. Ein leichter Einfluss der Bodeneigenschaften wurde lediglich in Bezug auf die Bodenart sowie dem Anteil an organischem Kohlenstoff festgestellt. Schnellwachsende Bäume zeigten zudem eine geringere Erholung des Zuwachses nach der Trockenheit als langsam wachsende Bäume.
Die Analyse der Stickstoffisotope erwies sich als nützliche Methode um die Exposition von Bäumen gegenüber Verkehrsemissionen zu bestimmen. In unseren Untersuchungen zeigte sich dabei die Baumart als wichtigster Faktor zur Erklärung der Variabilität der Isotopenzusammensetzung des Stickstoffs. Einen signifikanten Einfluss hatte auch die Distanz zur nächsten Straße sowie die Intensität der Verkehrsemissionen. Die geschätzten Werte für das Verhältnis stabiler Stickstoffisotope waren umso höher, je näher der Baum an einer Straße stand und je höher die Stickstoffoxidemissionen an diesem Standort ausfielen. Dieses Ergebnis bestätigt, dass sich die Exposition gegenüber Verkehrsemissionen in der Isotopenzusammensetzung des Stickstoffs im Holz der städtischen Bäume niederschlägt.
Und nun?
Die Untersuchungen zeigen deutlich, dass sich die fünf untersuchten Baumarten, die gemeinsam über ein Drittel des Baumbestandes des Untersuchungsgebiets ausmachen, bezüglich des Stammdickenwachstums teils stark in ihrer Toleranz gegenüber Trockenheit unterscheiden. Basierend auf unseren Erhebungen erweisen sich Ahornblättrige Platane und Stieleiche als besonders geeignet für urbane Räume mit regelmäßig auftretenden Trockenperioden. Mit Ausnahme der Platane wird über alle Baumarten hinweg deutlich, dass vor allem die Wasserverfügbarkeit im Frühjahr für das Stammdickenwachstum und die Reaktion auf Trockenheit eine entscheidende Rolle spielt. Diese Erkenntnisse sind wichtig für die Umsetzung der Ergebnisse in konkrete Bewässerungsstrategien. Bei Platane und Stieleiche, bei denen die Resistenz und Resilienz generell höher ausfällt, scheint demnach eine Bewässerung nicht unbedingt notwendig, bzw. bei der Stieleiche nur bei Trockenheit im Frühjahr, auf die sie besonders sensibel reagiert. Dies trifft auch auf die Baumarten Winterlinde, Hainbuche und Spitzahorn zu, sodass eine Bewässerung bei ausbleibenden Niederschlägen im Frühjahr/Frühsommer vermutlich das Stammdickenwachstum positiv beeinflussen würde. Basierend auf diesen Ergebnissen wird im Folgeprojekt GrüneLunge 2.0 ein Werkzeug erarbeitet, das Kommunen die Auswahl der passenden Baumarten erleichtert. Mehr Informationen zu unseren geplanten Aktivitäten im Projekt GrüneLunge 2.0 finden Sie hier: Stadtbaumeignung im Klimawandel.