GrüneLunge im Dialog legte als Teilprojekt von GrüneLunge 1.0 den Schwerpunkt, wie der Name schon sagt, auf den Dialog. Dieser Dialog fand auf zwei Ebenen statt: einem gesellschaftlichen Dialog und einem Fachdialog.
Beim Gesellschaftsdialog ging es darum, Bürgerinnen und Bürger durch ein partizipatives Vorgehen aktiv in das Thema Begrünung mit einzubeziehen. Mittels gezielter Aktionen und Maßnahmen wurde ein öffentlicher Dialog geschaffen um für das Thema Resilienz durch Begrünung zu sensibilisieren. Ein Fokus wurde dabei auf den Handlungsspielraum der Bürgerinnen und Bürger gelegt. In der Kampagne Naturnah Gärtnern ging es vor allem darum, wie Bürgerinnen und Bürger durch die naturnahe Gestaltung des eigenen Gartens einen Beitrag zum Klima- und Artenschutz leisten konnten. In einer partizipativen Umfrage wurde der nicht-materielle Wert des städtischen Waldes für die Bevölkerung hervorgehoben.
Im Rahmen verschiedener Fachdialoge wurden die Ergebnisse des Projekts GrüneLunge 1.0 gemeinsam mit städtischen Vertreterinnen und Vertretern diskutiert und gemeinsam Handlungsoptionen ausgelotet. Der Austausch mit der Praxis wurde und wird als wichtig und nötig erachtet, um die Ergebnisse des Projekts mit den Praxisakteurinnen und -akteuren aus Karlsruhe und Rheinstetten langfristig in die Praxis überführen zu können.
Gesellschaftsdialog - Die Kampagne Naturnah Gärtnern & Vorträge in Karlsruhe und Rheinstetten
Die Kampagne in Rheinstetten
Die Kampagne Naturnah Gärtnern – Für Mensch, Tier & Klima beruht auf der Überzeugung, dass neben benötigten politischen Veränderungen, jede und jeder einen Beitrag zum Klima- und Artenschutz leisten kann – und zwar auch im eigenen Garten. Denn Privatgärten in der Stadt können Rückzugsräume für Pflanzen und Tiere sein und ihnen Lebensräume bieten. Allein in Deutschland gibt es 17 Millionen private Gärten. Laut dem NABU entspricht die Fläche aller deutschen Gärten zusammen in etwa der Fläche der gesamten Naturschutzgebiete in Deutschland. Mit der Kampagne Naturnah Gärtnern – Für Mensch, Tier & Klima wollten wir Bürgerinnen und Bürger in der Stadt Rheinstetten motivieren, den eigenen Garten naturnah zu gestalten. Das bedeutet zum Beispiel, keinen chemisch-synthetischen Dünger zu verwenden oder anstelle von Steingärten vielfältige Mischungen an vorwiegend heimischen Blumen und Beerensträuchern zu pflanzen, um wieder Lebensraum für Bienen, Schmetterlinge und viele andere Tiere zu schaffen und damit zur Artenvielfalt beizutragen. Daneben sollte der Verwertungsgedanke nicht zu kurz kommen. Daher sollte der Anbau von essbaren Pflanzen ebenso gefördert werden. Eine Garten-Gemeinschaft wurde aufgebaut, die sich gegenseitig beim Pflanzen, Pflegen und Ernten unterstützt. Durch dieses innovative Format konnte das Konzept des naturnahen Gärtnerns einem breiteren Publikum der Stadt vorgestellt und bekannt gemacht werden. Zudem wurden Privathaushalte dazu motiviert, als gutes Beispiel in der Nachbarschaft voranzugehen, indem sie den eigenen Garten naturnah (um-)gestalteten.
Insgesamt wurden im Projekt GrüneLunge 1.0 16 teilnehmende Haushalte bei der Umgestaltung der Gärten betreut und begleitet. Jeder Haushalt erhielt im März 2020 eine Fachberatung durch Expertinnen und Experten zur Umgestaltung des Gartens. Gemeinsam mit den Expertinnen und Experten wurden Bestellungen für heimische Stauden und Blumensamen aufgenommen, die vom Projekt finanziert wurden. Die Teilnehmenden erhielten ein „Willkommens-Paket“, das neben einer Informationsbroschüre, eine Plakette für das Gartentor beinhaltete sowie ein Garten-Journal, das von uns konzipiert und designt wurde. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen der COVID-19-Pandemie wurde das 1. Planungstreffen online durchgeführt und ein Online-Forum zum Austausch unter den teilnehmenden Hauhalten eingerichtet. Aufgrund der Umstände wurden darüber hinaus weitere digitale Formate wie beispielsweise ein E-Mail-Newsletter eingeführt. Die ersten Treffen zur Planung und zum Austausch wurden ebenfalls virtuell durchgeführt. Hier haben wir angeregt, selbstorganisiert monatliche Gartenstammtische durchzuführen, um den Austausch in der Gruppe zu fördern. Bedingt durch die Kontaktbeschränkungen wurden diese Gartenstammtische von der Gruppe online durchgeführt. Beim 3. Planungstreffen wurde der Bedarf für eine weiter Garten-Begehung durch Expertinnen und Experten geäußert, diese wurden im April 2021 durchgeführt. Zudem wurde eine weitere Pflanzenbestellung in Auftrag gegeben. Ab dem Frühjahr 2021 wurden die digitalen Gartenstammtische monatlich durchgeführt, wobei im Frühsommer auch physische Gartenstammtische abgehalten wurden. In den Gartenstammtischen formierte sich ein „harter Kern“ aus 5-7 Personen. Diese waren maßgeblich daran beteiligt, die Kampagne auch nach ihrem offiziellem Abschluss selbstorganisiert weiterzuführen.
Weitere Aktionen in Karlsruhe und Rheinstetten
Über die Kampagne hinaus haben wir zahlreiche Aktionen wie Workshops und Vortrag-Abende in Karlsruhe und Rheinstetten organisiert. So konnten wir auf die Folgen des Klimawandels in Städten hinweisen, über die Bedeutung städtischer Wald- und Grünflächen und Begrünungsmaßnahmen informieren und mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutieren.
Während eines Runden Tisches beispielsweise im April 2019 und einer leitfadengestützten Gruppendiskussion im Juli 2019 wurden die Einstellungen, Erwartungen und Handlungsempfehlungen von lokalen Schlüsselpersonen abgefragt. Die Gruppe aus 10 bis 15 Schlüsselpersonen setzten sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Stadt Rheinstetten, des BUND, der Lokalen Agenda 21, des örtlichen Obst- und Gartenbauvereins, des Landratsamts Karlsruhe, Gartenfachbetrieben und anderweitig aktiven Personen zusammen. Das Konzept des naturnahen Gärtnerns wurde begrüßt, zugleich wurde auf die Stadt verwiesen, die „mit gutem Beispiel voran gehen“ solle. Im Juli und im Oktober 2019 fanden Informationsveranstaltungen zu naturnahen Gärtnern statt, an denen ca. 35 bis 50 Personen teilnahmen. Der Start des Projekts GrüneLunge 1.0 wurde zudem im Oktober 2019 öffentlich mit diversen Mitmach-Aktionen gefeiert.
Bürger*innen-Befragung: Der nicht-materielle Wert des städtischen Waldes
Welche Bedeutung haben Bäume und Wälder in Karlsruhe und Rheinstetten für die Bürgerinnen und Bürger der beiden Gemeinden? Wo schätzen sie Bäume und Wälder in Karlsruhe und Rheinstetten besonders wert? Und welche Nutzen von Bäumen und Wäldern sind ihnen wo besonders wichtig?
Städtische und stadtnahe Bäume und Wälder bieten eine Vielzahl an immateriellen Nutzen und Werten für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Dazu zählen beispielsweise ein Erholungswert und ästhetische Werte; aber auch die Möglichkeit, städtische Grünflächen mit Bäumen als Treffpunkte mit Freunden oder der Familie oder als Quelle der Inspiration zu nutzen, ein besonderes Heimatgefühl, welches durch Bäume und Wälder vermittelt wird, sowie spirituelle und religiöse Werte von Bäumen und Wäldern. Neben den in im Projekt GrüneLunge 1.0 untersuchten (klima)regulierenden Leistungen städtischer Bäume und Wälder sollen in dem auch diese Nutzen, sogenannte kulturelle Ökosystemdienstleistungen, die die Bürgerinnen und Bürger in Karlsruhe und Rheinstetten aus der Natur ziehen, in die Analysen einbezogen werden.
Im Rahmen einer Bürger*innen-Befragung wurde die Bewertung immaterieller Nutzen, also kultureller Ökosystemdienstleistungen, eingefangen und räumlich analysiert. So konnten auch Unterschiede in der Nutzung und Wertschätzung der Bäume und Wälder in der Stadt Karlsruhe und Rheinstetten identifiziert werden. Als Ergebnis der Umfrage wurden sogenannte HotSpot-Karten produziert, die die räumliche Verteilung der besonderen Wertschätzung von Bäumen und Wäldern in Karlsruhe und Rheinstetten zeigen und ermöglichen, diese (geo)statistisch zu analysieren. Unsere Ergebnisse zeigten, dass die Befragten nahe gelegenen städtische Wälder und Parks häufiger besuchten als weiter entfernte. Gleichzeitig maßen Bürgerinnen und Bürgern Wäldern im Stadtumland jedoch, unabhängig von der Nutzungshäufigkeit, einen höheren Wert bei. Auch wurde deutlich, dass gerade Menschen ohne eigenen Garten oder Balkon auf das öffentliche Grün angewiesen sind. Darüber hinaus haben unsere Untersuchung gezeigt, dass die Zahl der Waldbesuche während der COVID-19-Pandemie deutlich gestiegen ist und dass diese Besuche in einer Zeit der Beengung und Beschränkung zum subjektiven Wohlergehen wesentlich beigetragen haben. Die Ergebnisse der Studie sollten insbesondere in den Fachdialog mit den beteiligten Ämtern, Institutionen und Fachvertreterinnen und -vertretern eingebunden werden und so dazu beitragen, Bäume und Wälder in Karlsruhe und Rheinstetten auch zukünftig nachhaltig und an die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger angepasst zu gestalten und zu managen.
In Zusammenarbeit mit unseren wissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen sowie den Städten Rheinstetten und Karlsruhe entwickelten wurde eine Methodik für ein Ausgleichskonzept entwickelt, um den Ausgleich von Ökosystemdienstleistungen von Bäumen und Wäldern zwischen der Stadt Karlsruhe und umliegenden Gemeinden zu beurteilen.
Der Fachdialog bündelte unsere Forschungsergebnisse und die unserer Projektpartner. Wir überführten hier mit den beteiligten Ämtern, Institutionen und Fachvertreterinnen und -vertretern die Projektergebnisse in den Handlungsrahmen für Klimaanpassungsmaßnahmen, unter anderem mit dem Ziel, das existierende Baum-Management-System zu optimieren. Basierend auf den Ergebnissen der Bürger*innen Befragung zum immateriellen Wert des städtischen Waldes wurde eines sogenannten Gedankenexperiments entworfen. Der Fokus des Gedankenexperiments lag darauf, innovative Maßnahmen zur Inwertsetzung der Ökosystemleistungen von Bäumen und Wäldern in Karlsruhe zu diskutieren. Zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt Karlsruhe und Fach-Expertinnen und -Experten wurde dieses konkrete Beispiel im Rahmen eines Transdisziplinären Workshops im Juli 2021 diskutiert.
Im Rahmen des Fachdialogs fanden zwei Treffen statt um, nach einer vorab-Umfrage des ersten Treffens, über die Anforderungen an Straßenbäume aus der Praxis und zuletzt die Ergebnisse des Projekts GrüneLunge zu diskutieren.
Der Prototyp eines Punktesystems für Ökosystemdienstleistungen (ÖSL) stieß bei den städtischen Vertreterinnen und -vertreternund den anwesenden Expertinnen und Experten auf Interesse. Aus den Rückmeldungen wurde geschlussfolgert, dass es einer weiteren Ausarbeitung des Punktesystems und des Ausgleichskonzeptes, womit eine Honorierung von ÖSL einhergeht, Bedarf. Ein solches ÖSL-Punktesystem würde die Forschung von ÖSL voranbringen und einen definitiven Nutzen für die städtische Verwaltung darstellen.